»Lieber sterb ich, als meiner Frau die Hosen zu lassen...«
Das heute scheinbar so selbstverständliche weibliche ,Recht auf Hosen‘ ist erst jüngsten Datums. Es ist das Ergebnis eines fast zwei Jahrhunderte währenden Kampfes um die Hose, bei dem Frauen aus den unterschiedlichsten Motiven heraus Männern das von ihnen seit dem Spätmittelalter reklamierte Hosenprivileg mal diskret-taktierend, mal lärmend-fordernd, streitig machten.
Bei der sukzessiven Übernahme von Hosen ging es um wesentlich mehr, als um eine der üblichen, modebedingten Veränderungen im weiblichen Kleiderverhalten. Tatsächlich manifestierte sich hierin das Bestreben nach einer Neuordnung des Geschlechterverhältnisses, ein Hintergrund, der die oftmals heftigen öffentlichen Reaktionen erklärt, mit denen hosentragende Frauen in der Vergangenheit konfrontiert waren.
Eine gehörige Portion Zivilcourage bewies z. B. Amelie Bloomer, amerikanische Frauenrechtlerin der ersten Stunde, die Mitte des 19. Jahrhunderts eine radikale Reformierung der Frauenkleidung anstrebte. Das von ihr und ihren Mitstreiterinnen getragene „neue Kostüm“, bestehend aus knielangem Kleid und türkischen Hosen, wurde von der Mehrheit ihrer Zeitgenossen als Kampfansage an das männliche Geschlecht interpretiert und entsprechend vehement zurückgewiesen. Ähnlich herausfordernd wirkten modebewusste Damen, die den Hosenvorschlägen Pariser Haute Couturiers um 1911 folgten. Ihre eleganten Beinkleider wirkten derart provokant, daß die Polizei sie vor Übergriffen schützen musste. Noch in den 1960er Jahren verweigerten einige Schulen, Restaurants und Büros Frauen in Hosen den Zutritt, wurden Frauenhosen nicht selten als Verstoß gegen Sitte und Anstand gewertet und selbst heute wird das Kleidungsstück nicht immer als ,passend‘ empfunden.
Weniger spektakulär, doch nicht minder schwierig gestalteten sich die Hosenübernahmen im Bereich der Sportkleidung. Auch hier ging es vorrangig um frauengemäße Verhaltensweisen, erst in zweiter Linie um funktionelle Aspekte. Denn, wie der Turnpädagoge Moritz Kloß 1871 bemerkte: „Der Knabe soll in Dur, das Mädchen in Moll turnen“. Erst die Akzeptanz von „heftigen Übungen“ ließ Turnhosen für Frauen ein Muss werden.
Mit der schrittweisen Etablierung des weiblichen Beinkleides als Gesellschafts-, Sport-, Berufs- und Alltagskleidung endete eine Kleidertradition, in der sich Männer prinzipiell durch Hosen und Frauen durch Röcke kennzeichneten. Ob diese augenfällige kleidersprachliche Annäherung der Geschlechter als Indikator für eine Auflösung der das 19. Jahrhundert prägenden Geschlechterpolarität gewertet werden kann, ist, außer kleider- und modehistorischen Skizzierungen, Thema des Vortrags.